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Optiker-Legende ist tot: Fielmann, der "Robin Hood der Fehlsichtigen"

Optiker-Legende ist tot: Fielmann, der "Robin Hood der Fehlsichtigen"

N-tv.134 Days Ago

Optiker-Legende ist tot: Fielmann, der "Robin Hood der Fehlsichtigen"

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Eine einfache Idee kann eine ganze Branche grundlegend verändern. Das stellt ein Optiker eindrucksvoll unter Beweis. Sein Name: Günter Fielmann.

Die Revolution begann 1972 in Cuxhaven. Ein Optiker namens Günter Fielmann eröffnete seine erste Filiale, rüttelte damit die verschnarchte Branche in Deutschland wach und schuf dann aus dem Nichts ein regelrechtes Brillen-Imperium. Das gelang dem Unternehmer, indem er eine im Grunde simple Idee umsetzte: Er ließ qualitativ hochwertige Brillen in großen Stückzahlen produzieren und verkaufte diese billiger als die Konkurrenz.

Nun ist Fielmann im Alter von 84 Jahren in seinem Wohnort Lütjensee in Schleswig-Holstein gestorben. Hinter seiner Erfolgsgeschichte stehen nicht nur viel Arbeit und die Gefahr, zu scheitern. Sondern auch ein Deal, der zunächst recht langweilig klingt. Fielmann handelt mit der AOK in Essen einen Vertrag aus, bei dem es um den Verkauf modischer Kassenbrillen auf Rezept geht. Was darauf folgt, ist beeindruckend.

Das liegt vor allem daran, dass Fielmann mit Millionen Kassenpatienten eine riesige Zielgruppe im Visier hatte. Sie bekamen ihre Brille auf Rezept - und damit kostenlos. Ihr Problem dabei: Unmodische Standard-Kassenmodelle sahen nicht so richtig toll aus. Bei dieser billigen Grundversorgung setzte Fielmann an. Versicherte konnten plötzlich zwischen 90 zeitgemäßen Brillentypen wählen. Zum Nulltarif.

Was heute selbstverständlich ist, war damals eine radikale Zeitenwende. Wer bis dahin eine attraktive Brille wollte, musste dafür viel Geld auf den Tisch legen. Oder wie es Fielmann ausdrückte: "Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen." Traditionelle Optiker konnten es sich leisten, die Bedürfnisse von Kassenpatienten geflissentlich zu ignorieren. Denn mit den schickeren Nicht-Kassenmodellen erzielten sie satte Traummargen.

Das änderte sich, als Fielmann kam und sein Unternehmen verkündete, es habe die "Diskriminierung per Sozialprothese" beendet. In der Branche machte er sich damit allerdings keine Freunde. Im Gegenteil, manche Optiker waren ihm in herzlicher Abneigung verbunden. Sie warfen ihm Preisdumping vor und sahen ihn als "Robin Hood der Fehlsichtigen." Gestört habe ihn das nicht, sagte der im geschäftlichen Umgang bisweilen als ruppig beschriebene Unternehmer einmal. "Ich habe diese Attacken als etwas Positives erlebt. Der Widerstand zeigte mir, dass ich auf dem richtigen Wege war."

Das war er tatsächlich. Seine Grundidee zahlte sich aus: Die Kostenvorteile einer auf große Umsatzmengen abzielende Strategie waren trotz des Verzichts auf einen Teil der üblichen hohen Gewinnmargen so groß, dass sich ein dauerhaft überlegenes Unternehmen aufbauen ließ. In der Folge setzte Fielmann auf weitere werbewirksame Innovationen, etwa eine Geld-zurück-Garantie, wenn ein Kunde dieselbe Brille woanders zu einem günstigeren Preis finden sollte.

Rund vier Jahrzehnte später ist Fielmanns Firma ein börsennotiertes Branchen-Schwergewicht. Die im SDAX gelistete Fielmann-Gruppe ist eigenen Angaben zufolge weltweit das drittgrößte Unternehmen der augenoptischen Branche. Inzwischen findet sich in nahezu jeder Fußgängerzone in Deutschland eine Filiale seiner Optiker-Kette. Insgesamt 977 Niederlassungen im In- und Ausland und mehr als 22.000 Beschäftigte zählte das Unternehmen zuletzt. Der Jahresumsatz lag bei fast 1,8 Milliarden Euro.

Die Anfänge waren bescheiden. Der 1939 in dem schleswig-holsteinischen 300-Seelen-Dorf Sarstedt bei Rendsburg geborene Fielmann absolvierte eine Optiker-Lehre. Eigentlich wollte Fielmann Fotograf werden, doch sein Vater war dagegen. Nach dem Berufsstart als Angestellter eröffnete Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren im niedersächsischen Cuxhaven sein erstes Geschäft. Nach dem Deal mit der AOK ging es dann steil bergauf.

In Kiel eröffnet Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optik-Fachgeschäft neuer Dimension mit 7000 Brillen. In den achtziger Jahren erreicht die Fielmann-Kette eine Größe, in der nicht mehr jede große Neueröffnung den Bestand des Unternehmens bedrohte. "In der Anfangsphase war es immer das gleiche Spiel. Wir ritten einmal über den Bodensee und zurück", sagte Fielmann einst. "Wir haben immer wieder alles riskiert." Es folgt der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland, die allerdings immer verhalten blieb und sich vor allem auf die Schweiz und Österreich fokussierte.

Im Jahr 2012 hatte der Firmengründer die Mehrheitsbeteiligung an dem Konzern in eine Familienstiftung eingebracht, um den bestimmenden Einfluss der Familie zu sichern. Fielmann zog sich 2019 aus dem Unternehmen zurückgezogen und gab es die Hände seines Sohnes Marc. "Mit meinen Kindern habe ich großes Glück", sagte Fielmann dem Journalisten Harald Czycholl, der ein Buch über den Brillenkönig veröffentlichte.

Neben seinen unternehmerischen Erfolgen engagierte sich Fielmann als Öko-Landwirt. Auch das Schloss Plön hat Fielmann gekauft und renoviert; dort werden Augenoptiker für die gesamte Branche ausgebildet. Fielmann spendete viel Geld, für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Ökologie und Naturschutz. Er hat seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Aktien am Unternehmen beteiligt und pflanzte für jeden von ihnen jedes Jahr einen Baum.

"Das Leben auf dem Land hat mich geprägt", sagte Fielmann. "Schon als Kind träumte ich von einem eigenen Bauernhof." Und wie passt dazu sein kleiner Ferrari-Fuhrpark? "Ein wenig Unvernunft steht jedem Menschen zu. Es ist einfach schön, in einem Ferrari schnell zu fahren."

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